Johannes Schrott Walher
von der Vogelweide
1824 -
?
Es tönte hell in allen
Fürstenhallen
Des Landes zwischen ungarn und
dem Rheine
Herrn walthers Lied, das edle,
höfisch feine,
Nun sind die Burgen, wo er
sang, verfallen.
Wie Amseln tief, und süß wie
Nachtigallen,
Ist er der Taube gleich an Treu
und Reine,
Doch wie der Aar bekriegt er
das Gemeine,
Und wie ein Falke schärft er
seine Krallen.
Das sind die Vögel von des
Walthers Weide.
Daß ich sie nicht mehr so
gehütet finde,
Erfüllt mein Herz mit
klagelautem Leide.
Rauscht nicht sein Geist im
lauen Maienwinde,
Zu Pfingsten auf der
blumenreichen Haide,
Im Sommer unter einer deutschen
Linde?
1824 -
?
Es liebt der Schwan die stille
Wasserfläche,
Wo über sternentiefem Äther
leise
Und anmuthsvoll er zieht die
flüssigen Kreise,
Vermeidend das Geräusch der
lauten Bäche.
So flieh’n der Menschen
lärmende Gespräche
Das Musenkind, der Dulder und
der Weise,
Und suchen dich, die ich als
Tugend preise,
Und hielten rauhe Menschen dich
für Schwäche.
Melancholie! Du Genius stiller
Räume,
Ein Geist, sanft webend
wandelst du hienieden
Wie Flüstergruß von Quellen und
von Bäumen.
Was lautem Streite nimmer ist
beschieden,
Bringst du im Schweigen
wesenhafter Träume:
Der Weisheit Anfang und der
Seele Frieden.